Liebe Leser,
diese Woche geht es in der Rubrik „Kunst und Kultur“ um das Thema „Tapisserien“, und damit wieder mal um wunderschöne Wandteppiche. Dass es schon vor mehreren tausend Jahren Tapisserien oder auch Bildwirkereien gab, habe ich ja bereits in dem Artikel über Gobelins erwähnt. Und wer den nicht gelesen hat, der weiß es jetzt trotzdem, dafür aber nicht, was eine Bildwirkerei oder Tapisserie ist. Also nochmal:
Tapisserien oder Bildwirkereien sind kunstvoll gewebte Bildteppiche. Die Motive werden dabei einzeln mit den bunten Schussfäden (also den Fäden, mit denen gewebt wird) in die Kettfäden (also die Fäden, in die etwas gewebt wird) eingewebt.
Wie sind Tapisserien entstanden und warum?
Bereits im frühen Mittelalter dienten sie als Schmuck für meist kirchliche Bauwerke. Sie wurden – wenig überraschend – häufig in Klöstern gefertigt und zeigten religiöse Figuren oder Geschichten. Damit hatten sie eine wichtige Bedeutung, die über das bloße Schmücken hinausging, denn mit der Darstellung von religiösen Inhalten waren meist ganz besondere Darstellungsabsichten verbunden. Mit der Zeit wurden die Bildteppiche auch vermehrt in den höfischen Kontext aufgenommen und für die adelige Schicht gefertigt.
Aber auch am Hof kam ihnen eine wichtige Bedeutung zu: Bei Staatsbesuchen und zeremoniellen Feierlichkeiten schmückten die kunstvollen Wandbehänge nicht nur Innenräume, sondern wurden auch an Außenfassaden angebracht. Als prunkvolle Kulisse mit sorgsam ausgewählten Bildinhalten kam ihnen eine wichtige repräsentative Funktion bei der Inszenierung von höfischer Macht zu. Darüber hinaus waren sie aber auch ganz praktisch, wenn es darum ging, große Räume zu unterteilen, für eine verbesserte Akustik zu sorgen und zugige Burgmauern zu isolieren.
Tapisserien waren natürlich Auftragsarbeiten und wenn sie für bestimmte Orte oder Räume gedacht waren, wurden ihre Maße von vornherein daran angepasst. Einige Bildwerke sind allein durch ihre geradezu pompösen Ausmaße beeindruckend – besonders wenn es sich um mehrteilige Serien handelt, die wiederum aus großformatigen Tapisserien bestehen und ganze Raumfolgen ausschmücken. Da solche Werke natürlich ihren Preis haben, versteht es sich von selbst, dass sie lange Zeit nur den Reichen und Mächtigen vorbehalten waren. Ihre Herstellung konnte mehrere Jahre dauern.
Noch ein paar Infos zur Tapisserie
Eine Sache ist dabei besonders interessant: Wenn ein Herrscher auf Reisen ging, reisten seine Tapisserien mit ihm mit, unabhängig vom Anlass der Reise. Die Teppiche waren bei diplomatischen Treffen wie im Krieg mit dabei. Damit kommen die kostbaren Bildwerke recht nah an die ursprüngliche Funktion von Teppichen heran, wie wir sie von Nomadenteppichen kennen. Denn auch bei den Nomaden reisten die Teppiche immer mit. Die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Teppichen als Zeltbehang oder Schlafunterlage und der Vorteil, dass sie sich leicht transportieren lassen, hat bei den Nomadenvölkern überhaupt dazu geführt, dass sich die Teppichkunst durchsetzen konnte und so weit entwickelt hat. Und vermutlich haben genau das auch die mittelalterlichen Herrscher zu schätzen gewusst.
Beitragsbild: By Anonymous [Public domain], via Wikimedia Commons