Heute soll es um eine Art „unechten“ Teppich gehen, den Gobelin. Ich nehme an, dass sich die meisten Leser unter „Gobelin“ nicht allzu viel vorstellen können. Möglicherweise reicht es noch zu einem „das ist doch so eine Art mittelalterlicher Teppich“ oder „so ein verstaubter alter Teppich, der an der Wand hängt mit Bildern drauf“. Das ist zwar alles nicht komplett falsch, aber das geht auch besser. Deshalb werden hier heute in einem Gobelin-Spezial die wichtigsten Fragen rund um den Gobelin beantwortet – selbst ausgedachte Fragen wohlgemerkt, denn es hat hier bis jetzt noch niemand irgendwelche Fragen zu dem Thema gestellt. Bevor aber jemand an dieser Stelle überlegt, nicht weiterzulesen, hier noch eine kurze vorweggenommene Bemerkung, für alle, die olle Wandteppiche mit Bildern drauf für langweilig halten: Wie so vieles in der Welt sind auch Gobelins bei näherer Betrachtung ziemlich spannend und die Kunstfertigkeit, mit der sie hergestellt wurden, ist wirklich beeindruckend!
Was ist denn jetzt ein Gobelin?
Das ist eine Tapisserie (auf deutsch sagt man auch Bildwirkerei), die aus der sogenannten Gobelin-Manufaktur stammt, einer ganz besonderen Tapisserie-Manufaktur in Paris, die sich in der „Avenue des Gobelins“ befindet und im 17. Jahrhundert gegründet wurde. Mit dem Namen verhält es sich dabei so ähnlich wie mit dem Champagner – nur wenn ein Schaumwein aus der Champagne kommt, darf man Champagner sagen, sonst heißt es Sekt. Und ein Gobelin ist nur dann ein Gobelin, wenn er in der Gobelin-Manufaktur geschaffen wurde. Da Gobelins zudem zu den kunstfertigsten Bildwirkereien gehören, könnte man also in etwa sagen, dass ein Gobelin eine Art Champagner der Tapisserie ist. Muss man aber nicht. Und die meisten halten sich sowieso nicht dran.
Und was ist eine Tapisserie?
Eine Tapisserie ist ein gewebtes Bild, das auf einem Webstuhl hergestellt wird. Die Motive werden dabei einzeln mit den Schussfäden in die Kettfäden eingewebt – der Faden wird also nicht komplett von einer Seite bis auf die andere Seite durchgezogen, sondern man webt die Bilder nacheinander auf den Untergrund ein. Tapisserien gibt es übrigens schon seit tausenden von Jahren – und wurden auch damals schon auf Webstühlen hergestellt. Sie dienten vor allem als kunstvolle Wandbehänge und bei sehr kostbaren Tapisserien wurden nicht nur Seiden-, sondern auch Silber- und Goldfäden verwendet.
Also sind Tapisserien und Gobelins eher so eine Art Wandteppich?
Genau!
Und was für Bilder sind auf den Gobelins zu sehen?
Häufig wurden ganze Serien von Bildern hergestellt und damit eine zusammenhängende Geschichte erzählt, häufig religiöse und geschichtliche, aber nicht nur.
Und was ist an einem Gobelin so besonders?
Gobelins sind so etwas wie große, gewebte Wandgemälde. Die Bilder auf ihnen sind meist genau so virtuos dargestellt, wie wir es von Gemälden im Museum kennen. Das betrifft die Genauigkeit der Darstellung, die Farbgebung und die häufig äußerst detailreiche Komposition.
In der Gobelin-Manufaktur in Paris wurde das Wissen um die Ausübung dieser besonderen Kunstfertigkeit über mehrere Jahrhunderte bewahrt und weiterentwickelt. Dort arbeiteten die besten Tapissiers und zu den Hoch-Zeiten waren etwa 300 Menschen gleichzeitig mit den verschiedensten Arbeitsschritten vom Färben der Wolle bis zum Weben beschäftigt. Lange Zeit wurde dort übrigens ausschließlich im Auftrag des Königshauses gearbeitet, später arbeiteten die Tapissiers auch für andere Auftraggeber – die allerdings sehr wohlhabend sein mussten, um sich einen echten Gobelin leisten zu können.
Noch ein paar Infos
Es gibt auch Tapisserien, die Gobeline nachahmen (Gobelinimitate) und es gibt Wandteppiche, bei denen die kunstvollen Bilder auf das Gewebe aufgemalt (Gobelinmalerei) oder aufgestickt (Gobelinstickerei) sind.
Heute ist die Gobelinmanufaktur ein Museum. Es gibt dort interessante Informationen über die Herstellung der Gobelins und regelmäßige Wechselausstellungen, in denen immer wieder andere Gobelins der umfassenden Sammlung gezeigt werden. Es werden dort aber auch heute noch weiterhin Tapissiers ausgebildet und alte Werke restauriert. Ein Besuch auf der Seite lohnt sich schon allein deshalb, da man dort Bilder von Gobelins aus vergangenen Ausstellungen sehen kann.
Beitragsbild:By LPLT (Own work) [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons